Per Anhalter durch meine Galaxis - Gedanken und Geschichten nicht nur von dieser Welt

"The following statement is false:
The previous statement is true.
Welcome to our corner of the universe

Anonymous
Seefra Denizen
CY 10210"
(Andromeda: The Past is Prolix)

Sonntag, 15. April 2012

Sonntags-Pausen-Krimi 10: Fairytale Gone Bad

Fairytale Gone Bad

Das große gelbe Haus stand einsam auf dem Hügel. Im Kamin brannte ein Feuer. Langsam drehte der junge Mann den blutbefleckten Schuh in den Händen.
"Diese räudigen Rattentöchter," dachte er zornig. "Was glauben die eigentlich, mit wem sie's zu tun haben? Mich betrügen wollen!"
Sie hatten ihre gerechte Bestrafung erhalten. Alle drei. Ein gehässiges Lächeln erschien auf seinen Lippen.
Dass sich die zweite nicht vom Schicksal der ersten hatte abschrecken lassen, war dieser Mutter zu verdanken. Die erste hatte zunächst ihre Zehen verloren. Und als er auf halbem Weg nach Hause den Betrug bemerkt hatte, ließ er ihr von seinem Diener den ganzen Fuß abhacken. Sollte sie doch zu ihrer Mutter zurück kriechen.
Trotzdem hatte daraufhin ihre Schwester einen weiteren Betrugsversuch gewagt. Sie hatte ihre Ferse eingebüßt. Und dann durch die Hand seines Dieners ihr ganzes Bein.
Was hatte sich diese Mutter, diese alte Hexe, nur dabei gedacht? Das erste Mädchen hatte versucht, ihrer Strafe zu entgehen, indem sie ihre Mutter bezichtigte, sie zu diesem perfiden Schauspiel angestiftet zu haben.
Als die zweite ihm dann in der Nähe des Friedhofs jammernd die gleiche Geschichte erzählte, hatte er sie schließlich geglaubt.
Nun, diese böse Hexenzunge würde niemanden mehr dazu bringen, ihn zu hintergehen, lag sie doch nun herausgeschnitten neben ihrer verlogenen Besitzerin auf dem dreckigen Boden seines Kerkers, nur noch ein blutiges Stück Fleisch.
Blutig wie dieser Schuh in seinen Händen.
"Cornelius!" brüllte er.
Ein Diener in blauer Livree betrat den Raum und verbeugte sich: "Euer Hoheit?"
"Hier," der junge Mann warf dem Diener den zierlichen Schuh entgegen, der ihn problemlos mit einer Hand fing.
"Lasse er das reinigen. Und dann sattle er unsere Pferde. Wir werden jenem Haus einen weiteren Besuch abstatten."
"Sehr wohl, Euer Hoheit." Cornelius verbeugte sich erneut und ging lautlos hinaus.
Der Prinz hatte eigentlich sofort gesehen, dass keines der Weiber, die sich ihm bisher vorgestellt hatten, das Wesen sein konnte, mit dem er auf dem Ball getanzt hatte. Und schon gar nicht einer dieser beiden Brauereigäule.
Aber es war das letzte Haus in seinem Reich, das er noch nicht gründlich hatte durchsuchen lassen, notfalls indem er es niederbrennen ließ. Niemand hatte vor ihm seine Töchter zu verstecken!
Er erhob sich und gürtete sein Schwert.
Wenn er nur endlich diejenige finden würde. Diese Anmut und Leichtigkeit. Und nicht zu wissen, wer sie war. Das raubte ihm immer noch den Schlaf. Das musste aufhören.
Wenn er sie nur endlich finden würde...
Er zog seine Wildlederhandschuhe an und ballte die Hände zu Fäusten. Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und kniff seine Augen zu Schlitzen zusammen, die Kiefer fest aufeinander gepresst.
… dann würde er ihr als erstes beibringen, ihr Zeug nicht überall herumliegen zu lassen!
Fast hätte er sich damals den Hals gebrochen, als er dieser verfluchten Metze hinterhergelaufen und auf der Treppe über ihren verlorenen Schuh gestolpert war...
"Hexe!" murmelte er und stürmte aus dem Zimmer.

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Anmerkung der Autorin: Danke an Sunrise Avenue, deren Titel mir nicht mehr aus dem Kopf ging. Und mein innigstes Flehen um Vergebung an die Brüder Grimm.


Copyright Esther Koch 30. März 2012

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